Giftiger Scherz

Nachdem die GFB vor über 30 Jahren die Biervielfalt in der Schweiz lanciert hatte, wurde die Öffentlichkeit auf uns neugierig. So rief mich eines Tages das Schweizer Farbfernsehen an und bat um Teilnahme an einer unterhaltsamen Sendung mit Fernsehmoderator Röbi Koller zum Thema Bier. Hans Meier, der damalige Präsident, und ich gingen also hin. In einem Studio sass Publikum, das von einer resoluten Regieassistentin darin instruiert wurde, wann das Publikum zu klatschen und wann es zu lachen hat, und wie lange. Dazu bediente sie sich einer grossen Tafel an einem langen Stab; die eine Seite der Tafel zeigte eine Hand, die andere einen offenen Mund. «Wenn ich das Handschild hochhebe müsst Ihr klatschen, wenn ich es langsam herunternehme, hört Ihr mit Klatschen langsam auf. Gilt entsprechend auch fürs Lachschild!», befahl sie. Hans Meier und mich ging das natürlich nichts an, denn wir standen mit zwei anderen Personen und Moderator Röbi Koller am Expertentisch.

In der Sendung sagte der eine Experte, ein sonoriger Herr vom Brauereiverband, das Übliche, was man so sagt, wenn einem die Felle davonschwimmen. Man habe die Zeichen der Zeit erkannt und würde darauf mit geeigneten Massnahmen reagieren. Die Verbandsbrauereien, die er hier vertrete, seien daran, wieder Spezialitäten herzustellen, das brauche aber seine Zeit. Die Kamera schwenkte auf Hans und mich und wir nickten mitleidig. Dann waren wir dran. Wir sagten klar, dass sich die Grossbrauereien in Acht nehmen müssten. Denn jeder getrunkene Liter «Badewannenbier» – so wurden damals die Mikrobrauereien ins Lächerliche gezogen – bedeute ein Liter weniger Ausschank der Traditionsbiere. Und Mikrobrauer mit zwei bis zehn Hektoliter Ausstoss gebe es schon gut 100. Jetzt hob die Regieassistentin die Handtafel und senkte sie erst nach gefühlten fünf Minuten. So ging das in der Sendung noch ein bisschen hin und her.

Im zweiten Teil erfolgte eine Degustation. Der Brauereivertreter reichte uns ein neutrales und schön eingeschenktes Glas hin, hielt es in die Kamera und lobte das Bier als traditionelle Schweizer Qualitätsarbeit. Hans und ich hatten nichts dagegen einzuwenden und nippten an unseren Gläsern. Hans sagte leise «Feldschlösschen», und der Brauereivertreter hob anerkennend eine Augenbraue, sagte aber nichts. Dann kam eine von den Sendungsmachern aufgebotene Mikrobrauerin zu uns und zeigte ihr Bier. Es war eine Apothekerin irgendwo aus der Nordschweiz. Ihr Bier hatte sie in dunkelgrüne Flaschen mit quadratischem Grundriss und stark geripptem Körper abgefüllt. Diese Flaschen sind deshalb so auffällig gestaltet, damit man sofort sieht, dass es Giftflaschen sind. Die Apothekerin lachte über ihr Scherzchen und schenkte ein. Der Brauervertreter nahm einen kleinen Schluck, verzog das Gesicht, liess sich aber nichts anmerken. Ich weigerte mich, aus der Giftflasche zu trinken und dozierte über Giftflaschen und Lebensmittelgesetz und so weiter bis die Regieassistentin die Handtafel kurz hob. Schliesslich war niemand, der davon getrunken hatte, tot umgefallen, sodass ich mich überreden liess, doch noch ein Schlückchen von der Giftflasche zu kosten. Es schmeckte scheusslich. «Wiä duregheite Moscht», sagte ich bildfüllend in die Kamera, und sofort ging wieder die Lachtafel hoch.

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Hartmuth Attenhofer

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