Klare Strategie gefordert

Mitte Oktober hat die EBCU in Warschau zur 72. DV geladen. Auf dem Programm standen nicht nur einfache Traktanden, wie die Zusammenfassung unseres Delegierten Stef Hösli zeigt.

Das wichtigste Traktandum der 72. Delegiertenversammlung der EBCU in Warschau war die Zukunft der britischen CAMRA (Campaign for Real Ale). Aufgrund massiver finanzieller Probleme hatte die CAMRA ursprünglich angekündigt, die EBCU komplett verlassen zu wollen, um sich auf das «Kerngeschäft» zu konzentrieren.

In einem Kompromiss, dem die Delegierten einstimmig zustimmten, wird die CAMRA ab dem 1. Juli 2026 von der Vollmitgliedschaft zum assoziierten Mitglied herabgestuft. Diese Entscheidung ist nicht nur ein finanzieller Schlag, sondern beendet auch die Bereitstellung des Sekretariatsservices durch die CAMRA ab dem 1. Januar 2026, was eine organisatorische Lücke reisst.

Die finanziellen Turbulenzen haben die Notwendigkeit einer sofortigen Neuausrichtung verdeutlicht. Das vorgeschlagene Defizitbudget 2026 wurde zwar genehmigt, allerdings nur unter der klaren Auflage, dass bis zum Frühjahrstreffen 2026 ein umfassender Strategie- und Haushaltsentwurf für 2027 vorgelegt wird, der das Defizit beendet und die EBCU auf eine solide Basis stellt.

Verschiedene Delegierte kritisierten die fehlenden Fortschritte bei der Einkommensgenerierung in den letzten Jahren. Sie forderten, dass Mitgliedsbeiträge künftig nur noch für Kampagnen und Mehrwert-Projekte verwendet werden dürfen, während Verwaltungskosten aus anderen Einnahmequellen gedeckt werden müssten. Eine Arbeitsgruppe wurde eingesetzt, um die Strategie zu überarbeiten und Wege zu finden, die Organisation für ihre Mitglieder wieder relevanter zu machen.

In den Berichten aus den einzelnen Mitgliederorganisationen findet sich einmal mehr mehrfach der Hinweis auf sinkenden Alkoholkonsum und dem damit verbundenen Trend zu alkoholfreien Bieren. Unsicherheiten im Brausektor führen dazu, dass Brauer weniger experimentierfreudig sind und sich stattdessen lieber auf etablierte Bierstile konzentrieren. Gesundheitswarnungen auf Bieretiketten wurden in Irland abgelehnt. In Polen wird ein entsprechender Vorstoss aktuell diskutiert. In Deutschland sind Bestrebungen im Gange, das «begleitete Trinken» zu verbieten. Darunter versteht man die Abgabe von Alkohol an 14- bis 16-jährige im Beisein der Eltern, was in Deutschland aktuell erlaubt ist. In Island wird diskutiert, das Mindestalter für Alkoholkonsum von derzeit 20 Jahren zu senken. Die Tendenz ist allerdings, dass das Ansinnen abgelehnt werden wird. 

Als positives Zeichen der zukünftigen Aktivität beschlossen die Delegierten grundsätzlich die Kampagne «Brewed Where?» zu starten. Ziel ist es, die Transparenz des Brauortes zu fördern und Konsumentinnen und Konsumenten dazu zu bringen, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen, etwa für lokales oder unabhängiges Bier.

Die Kampagne soll sich auf positive Botschaften konzentrieren und nicht darauf, Brauereipraktiken (wie Contract Brewing) zu verurteilen. Stattdessen soll das Bewusstsein für die Authentizität und die ökonomischen/ökologischen Vorteile lokaler Produkte geschärft werden. Die Exekutive wird nun die nächsten Schritte zur Umsetzung und Finanzierung (unter anderem durch Sponsoring) entwickeln.

Text: Stef Hösli
Foto: Jacqueline Macou/Pixabay.com

Kategorien BIER EBCU News