Bier heilt Angst
Bei meinen Reisen nach Israel war ich immer mit politischen oder militärischen Fachgruppen unterwegs. Es gab nie eine Bierreise. Aber ich habe mich natĂĽrlich immer umgesehen und fand vor ĂĽber 20 Jahren in Tel Aviv, zwei Mikrobrauereien, heute sind es gut 100. Ihre Biere waren leicht und schmeckten recht passabel. Bier hat es in Israel schwer, weil man eher Wasser trinkt, der Hitze wegen. Anstandshalber machte ich jeweils in der Gruppe beim Wasser mit, doch vor der Nachtruhe klapperte ich oft die Lokale ums Hotel herum ab, sofern wir nicht in der WĂĽste tagten. Makkabi und Goldstar. So hiessen die einheimischen Biere in Restaurants und Nachtlokalen, die von Grossbrauereien gebraut werden. Goldstar konnte man trinken. Makkabi war – damals! – eine Plörre. Vergleichbar mit Europas Fernsehbieren. Dann lieber Wasser, das ist reell.Â
Bethlehem oder Bejt Ie’hem auf Hebräisch, heisst Haus des Brotes, also Bäckerei und wird oft auch fĂĽr Brauerei verwendet. In Bethlehem, das ausserhalb der israelischen Grenze liegt, gab es auf einer der Reisen einmal palästinensisches Bier. Es schmeckte tadellos und wurde vom Kellner sehr fachgerecht kredenzt. Gebraut wurden war es natĂĽrlich von christlichen Arabern, weil Mohammed den Moslems ja den Alkohol verboten hat. Auf der Westbank mehren sich seit einigen Jahren die Brauereien. Sie sind fast durchwegs in arabisch-christlicher Hand, werden von der palästinisch-moslemischen Behörde geduldet und von jĂĽdischen Israeli getrunken. Bier verbindet. In normalen Zeiten jedenfalls. Und unter normalen Leuten. Auch Moslems habe ich schon beim Biertrinken erwischt.Â
2008 war ich wieder einmal in Israel. Es war Krieg. Am Rande des Gazastreifens wurde es uns mulmig, denn wenn im Autoradio der Alarm abgehe, so bläute man uns bei, sollten wir sofort raus aus den Autos und in den Strassengraben liegen. ZurĂĽck im Norden löste sich die Spannung und wir besuchten in einer Altstadt eine historische Stätte. Da gab es plötzlich Luftalarm. Ernsthaft, denn unser militärischer Guide drängte uns in einen Passagetunnel zwischen zwei Strassen. Drinnen, in der Mitte waren bereits etwa 20 Touristen, manche weinten und blickten in panischer Angst um sich. Das steckte an und ich nahm wahr, dass ich im äusseren Ring der Ansammlung stand und also sicher ein paar Splitter abbekomme, wenn vor dem Tunnel eine Granate einschlägt. Zum GlĂĽck passiert nichts. Es waren drei Raketen; zwei waren vom Iron Dome abgefangen worden, die dritte schlug am Stadtrand ein. Der Schreck stand uns ins Gesicht geschrieben. Wir wurden ganz still und begannen, die Angst zu bewältigen. Kein Grund zur Sorge, sagte der Guide, alles normal, setzt Euch ins CafĂ©. Ich trank natĂĽrlich ein Bier. Es gab nur Makkabi – es schmeckte wunderbar.Â
